Stimmstock

Der Stimmstock, ja auch Seele des Instrumentes genannt, hat bekanntermaßen einen enorm klangverändernden Einfluß. Wichtiges zum Thema Stimmstock finden Sie auch hier. Auch an dieser Stelle die Warnung, selbst am Stimmstock herumzuprobieren. Die empfindlichen weichen Jahresringe der Decke sind schnell durch die Kanten eines nicht sauber eingepassten Stimmstock verletzt und ein Einpassen des Stimmstockes wird immer schwieriger. Ein Verstellen des Stimmstockes darf nie bei voller Saitenspannung geschehen. Immer muss die Saitenspannung gerade der beiden oberen Saiten deutlich gesenkt werden, um den Stimmstock gefahrlos verstellen zu können.

Auf folgendem Bild können Sie grobe Richtungen erkennen, in welcher Position des Stimmstockes sich der Klang wie verändert.

Wie verändert sich der Klang, wenn der Stimmstock verstellt wird? Geigenbau Online zeigt es

Selbstverständlich hat auch weicheres oder härteres Holz Einfluß auf den Klangcharakter eines Instrumentes. Stimmstöcke werden in aller Regel aus Fichte hergestellt. Hierbei sollte gespaltenes nicht zu weitjähriges Holz verwendet werden. Der Durchmesser kann natürlich auch variieren. Und so ahnen Sie es vielleicht schon: auch hier verändert Masse und Dämpfungseigenschaft des Holzes die Schwingungsübertragung. So hat nicht nur die Stimmstockstellung eine große Bedeutung, sondern auch die Materialauswahl. Ein eher grelles Instrument verträgt einen dickeren Stimmstock mit verzögerter Schallübertragung.

Die Festigkeit eines Stimmstockes können Sie auch am Eigenton feststellen. Lassen Sie den Stimmstock aus etwa 3-4 cm Höhe auf einen Tisch fallen: Sie werden überrascht sein, wie unterschiedlich die Materialien klingen. Ihr Geigenbaumeister wird Ihnen dies sicher einmal bei einem Werkstattbesuch vorführen können.

Der Stimmstock sollte als "Ausgangsstellung" etwa eine halbe Stegfußbreite hinter dem Stegfuß in Richtung Saitenhalter und auf keinen Fall außerhalb einer verlängerten Linie der Stegfußaußenkante stehen.

Schon Bruchteile von Millimetern ändern den Klang eines Instrumentes. Bei der Verstellung des Stimmstocks ist wirklich wenig mehr. Es sollte auch nie länger als 1/2 Stunde "probiert" werden. Das Ohr gewöhnt sich dabei an verschiedene Klangspektren und es wird dann schwer, sich nach mehreren Positionen des Stimmstockes an die klangliche Ausgangsstellung zu erinnern.

Meist gibt es einen konkreten Anlass, den Stimmstock zu verstellen: Anspracheprobleme, unausgewogener Klang zwischen oberen und unteren Saiten, zu heller oder zu dunkler Klang und anderes mehr.

Aus meiner Erfahrung sollte man bei jedem  Verstellen des Stimmstockes immer danach gehen, ob sich das Problem in der veränderten Stimmstockposition

  • verbessert, 
  • verschlechtert oder
  • gleich geblieben ist.

Hat der Klang sich verbessert aber der Idealzustand noch nicht erreicht, kann man den Stimmstock vorsichtig weiter der eingeschlagenen Richtung verstellen.

Hat er sich verschlechtert zunächst den ursprünglichen Stand wiederherstellen und die entgegengesetzte Richtung probieren. Da der Stimmstock an der Decke und am Boden nahezu im Uhrzeiger Verstellvarianten hat, gibt es hier fast unendlich viele Möglichkeiten.

Nach jedem Verstellen ist auch das Instrument insgesamt klanglich neu zu bewerten. Es wäre ein Fehler, sich nur auf das Ausgangsproblem zu konzentrieren, denn duch das Verstellen des Stimmstockes kann das Instrument insgesamt anders klingen.

Selbst wenn der "Idealstandort" für den Stimme gefunden ist, werden Sie bemerken, dass sich das Instrument in den Tagen danach noch etwas verändert, wir Geigenbauer sprechen dann davon: es muss sich noch setzen.

Und als Tipp aus der langjährigen Geigenbau - Erfahrung: das Verstellen des Stimmstocks kann auch zu einem ernsten psychischen Problem führen: die Suche nach dem idealen Klang kann vom eigentlichen Problem ablenken.

Scherzhaft möchte ich hier doch einen Vergleich mit dem Computer ziehen, der Satz "never change a runing system"
gilt auch für den Geigenbau und hier insbesondere für den Stimmstock. Und als Abschuss noch ein Tipp von mir:

Wenn Sie zufrieden mit dem Klang Ihrer Geige sind, lassen Sie niemanden an vorhandenem Steg und Stimme manipulieren...... Es könnte ähnlich kompliziert werden, Ihren Klang wieder zu finden, wie ein neuen Computer einzurichten....

UPDATE:

Es sind 2 neue patentierte Stimmstöcke auf den Markt gekommen.

Die "Anima nova" entwickelt von Pal Molnar und der "Hamberger Soundpost"

Das Prinzip der beiden Stimmstöcke ist vergleichbar, das Material unterschiedlich. Beide müssen nicht an Decke und Boden angepasst werden, sondern passen sich dank kugelgelagerter Endstücke selbst an. Durch ein im Stimmstock integriertes Feingewinde lässt sich Spannung des Stimmstock sehr fein variieren.

Der Vorteil liegt auf der Hand: Durch Witterungseinflüsse arbeiten Boden und Decke in ihrer Ausdehnung. Da sie durch die Verleimung mit den Zargen in der Breite fixiert sind, kompensieren sie diese Bewegung durch Absenken bzw. Erhöhung der Wölbung, was für den Stimmstock zu Spannungsänderungen und damit zu Klangveränderungen führen kann.

Nun lassen sich mit ein Holzstimmstock diese Schwankungen auch ausgleichen, aber nur nur ein Verstellen in Richtung F Loch oder Bassbalken. Beides führt aber zu unerwünschten klanglichen Veränderungen. Abhilfe schafft dann ein neuer Stimmstock. 

Die Stimmstöcke mit integriertem Gewinde bleiben aber an ihrem Standort stehen und die Spannung lässt sich mit einem Spezialwerkzeug einfach verändern.

Der Klang der Stimmstöcke ist etwas anders, vielleicht etwas klarer und lauter, evt. nicht so farbig wie ein Holzstimmstock. Ein Versuch ist es aber immer wert. Wir haben beide Stimmstöcke erfolgreich in Geige, Bratsche und Cello verbaut.

Dies sind die Unterschiede: Die Anima nova besteht aus Carbon, die Hamburger aus einem Kunsstoffcomposit, der eine  Hölzkern aus Fernambuk mit Gewinde ummantelt. 

Haben Sie Fragen oder Anregungen zu Thema Stimmstock?

Kommentar von Roland KRüger |

Wie wird die Länge eines neu einzusetzenden Stimmstockes bemessen?
Wir haben eine ältere (100 Jahre +) mit einigen kleineren bis mittleren Mängeln. Unter anderem fehlt der Stimmstock.
Sicherlich sind die meisten der Mängel nur von einem versierten Geigenbauer zu beheben und wir werden die Geige dort auch mal vorstellen um einen Preisvoranschlag zu bekommen.

Vielen Dank im voraus für die Antwort

R.Krüger

Antwort von Haat-Hedlef Uilderks

Hallo Herr Krüger,

auch das Stimmstockeinsetzen gehört zu den Arbeiten, die von einem versierten Geigenbauer durchzuführen sind. Durch einen unsachgemäß eingepassten Stimmstock kann ein Instrument ruiniert werden.

Das Deckenholz ist aus Fichte und diese ist in den sog. Sommerjahresringen sehr weich und kann durch falsche Hantieren mit dem Stimmstock stark beschädigt werden. Wir sehen leider oft solche Fälle, die sehr leicht zu einem Stimmriss und damit zu einer kapitalen Wertminderung führen können.

Die Länge des Stimmstocks kann man ungefähr abschätzen, indem man einen dünnen Stift durch das obere F-Loch hindurchführt.

Die Stimme wird zunächst weiter zur Instrumentenmitte eingesetzt und dann langsam zum richtigen Standort so kürzer geschnitten, dass sie an Decken- und Bodenseite allseitig passt. Sie sollte so sitzen, dass sie gerade ohne Saitenspannung stehen bleibt.

Lassen sie diese nicht sehr aufwändige Arbeit in eigenem Interesse unbedingt durch einen Geigenbauer durchführen.

Kommentar von Andrea Hilke |

Mein Cello verändert seit etwa einem Jahr ständig den Klang- ich würde sagen, der Klang ist dumpf. Der Geigenbauer verstellt dann minimal den Stimmstock, was den Normalklang zurückbringt, aber nach spätestens einer Woche ist das Problem wieder da und ich beim Geigenbauer. Inzwischen war ich dort so oft, daß ich den Klang "meines" Instruments nicht mehr erkenne, was schrecklich ist! Gibt es tatsächlich das Phänomen minimal "wandernder" Stimmstöcke? (in der Cellogruppe unseres Orchesters gibt es dabei Reaktionen zwischen Belustigungt und Glauben...)

Vielen Dank für Ihre Anrwort!
Andrea Hilke

Antwort von Haat-Hedlef Uilderks

Hallo Frau Hilke,

wenn das Problem seit 1 Jahr auftritt, ist vorher irgendetwas an Ihrem Cello verändert worden? Normaler Weise wird der Stimmstock durch den Saitendruck so festgehalten, dass er sich nicht von alleine verstellt.

Außerdem hätte dies dann auch vor der Jahresfrist passieren müssen. Was für ein Cello spielen Sie? 

Kommentar von Irmi Vukovich |

Lieber Herr Uilderks,
ich bin wirklich verzweifelt. Ich war beim Geigenbauer um einen Carbonstachel für mein Cello einbauen zu lassen, und war danach mit dem Instrument noch glücklicher als zuvor. Für mich war es der wundervollste Klang. Dann hat mir der Geigenbauer eingeredet, mit neuem Steg und Stimmstock würde es noch viel besser werden. Daraufhin war ich (Trottel) so übermütig, dass ich ihn das hab machen lassen. Nun ist mein Cello voller Wölfe, es klingt so schrecklich, es ist so dumpf, ALLE e und f in jeder Lage auf jeder Saite sind verwolft, ich war jetzt auch schon bei einem anderen Geigenbauer, wir haben den ursprünglichen Steg versucht, wieder drauf zu geben und das hat nichts verändert, ich bin überzeugt, dass es am neuen Stimmstock liegt. Ich weiß dass ich einen riesigen Fehler gemacht habe, aber ich wünsche mir nicht mehr auf der Welt als den Klang des Instrumentes, zumindest annähernd, wie er war. Denken Sie, dass es mit dem alten Stimmstock und vielen Versuchen, möglich wäre, wieder zum ursprünglichen Klang zu finden? Mittlerweile fällt mir das Üben so schwer, weil ich danach fast depressiv bin...ich bin Ihnen sehr dankbar für jeden Tip.
Mit vielen liebe Grüßen aus Wien,
Irmi

Antwort von Haat-Hedlef Uilderks

Hallo Irmi,

das ist ja wirklich bedauerlich. Ich empfehle hier wie auch an anderer Stelle, dass man niemals ohne (klangliche) Not Stimmstock und Steg wechseln lassen sollte.

Ihr Vorteil ist es aber, dass sowohl der alte Steg als auch der Stimmstock vorhanden sind. Damit sollte ein "Zurück" möglich sein, wenn nicht noch weiter Veränderungen vorgenommen worden sind. Warum sind Sie mit Ihrer Reklamation nicht zu dem Geigenbauer gegangen, der den neuen Steg und Stimmstock gemacht hat? Eine umgehende Beschwerde sollte in solchen Fällen immer erfolgen:

  1. Sie haben ein Recht auf Nachbesserung, wenn Sie unzufrieden sind und Wölfe da sind, die vorher nicht da waren.
  2. Der Geigenbauer bekommt eine Rückmeldung über seine Arbeit, die ja auch für ihn wichtig ist.
  3. Er weiß vielleicht auch noch am besten, wo der alte Steg und der Stimmstock gestanden haben.

Wenn das nicht erfolgreich sein sollte oder er es, nachdem Sie bei einem anderen Geigenbauer waren, ablehnt, sollten nun am besten mit einem Geigenbauer, der möglichst auch selbst Cello spielt, mit viel Geduld mit dem alten Steg und dem alten Stimmstock die Standorte suchen, die sie vorher hatten, um gemeinsam Ihren gewohnten Klang wiederzufinden.

Aber es sollte möglich sein. Viel Erfolg!

Kommentar von Eli |

Ich habe mir kürzlich eine günstigere Übe- und Reisegeige zugelegt und nach einer Weile festgestellt, dass die Mensur nicht stimmte. Nachdem ich den Steg versetzt habe stimmt die Mensur und auch das Halsmensur zu Deckenmensur Verhältnis. Seitdem klingen nun auch die A und E-Saite viel besser und der Klang ist insgesamt ausgewogener und etwas weicher/wärmer. Klanglich würde ich gerne alles so lassen wie es nun ist. Ist es bedenklich den Stimmstock nicht versetzen zu lassen? Er steht nun ca 6 mm hinter dem Steg. Ist das von der Belastung der Decke noch in Ordnung wenn der Stimmstock so weit hinter dem Steg steht?
Viele Grüße

Antwort von Haat-Hedlef Uilderks

Hallo,

6mm sollten zu keinem Problem werden.

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